Das vergangene Jahr war Deutschlands stärkstes IPO-Jahr seit fast zwei Jahrzehnten. Nachdem sich die Marktturbulenzen vom Jahresende 2018 zuletzt etwas gelegt haben, könnte das neue Jahr ein ähnlich starkes wie das vorherige werden. Mit der auf Prozessautomatisierung und Digitalisierung für Industrie 4.0-Lösungen spezialisierten onoff aus Wunstorf steht am 14. Februar bereits das erste Unternehmen für einen Börsengang im Segment Scale bereit. Mit dem IPO will onoff v.a. seine Visibilität erhöhen. Angst vor einer konjunkturellen Abschwächung hat man nicht. Schließlich sei man mit seinem konjunkturresistenten Geschäftsmodell in wenig zyklischen Industrien unterwegs, wie uns die Vorstände Hartmut Dietrich und Uwe Ganzer erzählten.
In zehn Jahren will onoff der führende mittelständische Partner im deutschsprachigen Raum für Prozessautomatisierung, Industrie 4.0-Lösungen, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sein, erklärt Dietrich die Vision des Unternehmens. Der große Vorteil gegenüber Wettbewerbern sei, die komplette vertikale Integration der Prozessautomatisierung bis hin zu Industrie 4.0-Stufen aus einer Hand anbieten zu können.
Derzeit macht das Unternehmen rund die Hälfte seines Umsatzes mit Kunden aus der Pharma- und Biotechnologiebranche, wo es für Wettbewerber hohe Markteintrittsbarrieren gäbe. Weitere 15% erwirtschaftet onoff im Bereich Nahrungs- und Genussmittel. Angestrebt wird eine Umsatzverschiebung hin zu margenstärkeren Bereichen wie industrielles Wasser und Abwasser, Industrie und v.a. Green Energy, das bislang einen Umsatzanteil von ca. 5% ausmacht und deutlich ausgebaut werden soll. Dabei hat man v.a. die Umstellung von Schiffsantrieben auf Flüssigerdgas (LNG) im Blickfeld. Ab dem kommenden Jahr gelten neue Emissionsgrenzwerte der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation, die ohne Nachrüstungen bzw. Umrüstungen der Schiffsantriebe kaum erreicht werden können. Schweröle und Diesel dürfen dann nicht mehr als Antrieb genutzt werden. Von den weltweit gut 55.000 Seeschiffen fährt 2019 allerdings erst weniger als 1% mit LNG. Angesichts eines zunehmenden Umweltbewusstseins dürfte der internationale Druck auf die Schiffbranche deutlich zunehmen und die Umrüstung zu saubereren Schiffen beschleunigen.
Durch den Börsengang, der onoff rund 10 Mio Euro in die Kassen spülen dürfte, will das Unternehmen nicht nur die Visibilität unter Kunden und Investoren erhöhen. onoff sei in einem Markt unterwegs, in dem es zunehmend schwieriger werde, Spezialisten zu fi nden, erklärt Ganzer, der den Fachkräftemangel als ein mögliches Risiko sieht. Durch das IPO sollen also auch potenzielle neue Mitarbeiter auf die Firma aufmerksam werden. 65% der Erlöse aus dem Börsengang sollen in organisches Wachstum gesteckt werden. Dabei sollen bspw. neue Geschäftsfelder vorangetrieben sowie digitale Angebote wie Software-Tools zur Steuerung von Produktionsprozessen ausgebaut werden. Auch die After Sales Services und Maintenance Services sollen weiterentwickelt werden. 25% sind für anorganisches Wachstum vorgesehen, wobei Zukäufe etwa im Bereich Wasser vorstellbar seien. Ein Zehntel der Erlöse sollen als strategische Reserve dienen. Die beiden Gründerfamilien Arneke und Bergmann, die jeweils 47% an onoff halten, werden nach dem IPO mit einem Lock-up ihrer Anteile engagiert bleiben.
onoff beschäftigt derzeit 160 Mitarbeiter an fünf Standorten. 2017 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 15,1 Mio Euro und ein EBITDA von 1,3 Mio Euro. Unterm Strich verdiente das Unternehmen 2017 704.000 Euro. Für das letzte Jahr prognostizieren die Analysten des Research-Hauses Solventis einen Umsatzanstieg um ein Fünftel auf 18,1 Mio Euro und ein EBITDA von 1,5 Mio. Die Öffnung weiterer Niederlassungen schließt onoff nach dem Börsengang nicht aus.
Quelle: czerwensky intern vom 23.1.2019